Technologiemanagement

Technologiemanagement
von Professor Dr.-Ing. Dieter Specht und Diplom-Wirtschaftsingenieur Christian Mieke
I. Ziel und Aufgaben
Ziel des Technologiemanagements ist es, die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen durch den Aufbau und die Weiterentwicklung technologiebasierter Erfolgspotentiale langfristig zu sichern. Technologiemanagement umfasst die Planung, Organisation, Führung und Kontrolle der Unternehmensprozesse, welche die Beschaffung, die Speicherung und die Verwertung von Technologien zum Inhalt haben. Das Technologiemanagement weist erhebliche Überschneidungen mit dem Innovationsmanagement und dem F&E-Management auf.
II. Prozess des Technologiemanagements
Der Prozess des Technologiemanagements umfasst vier Phasen (vgl. Abbildung „Technologiemanagement – Prozess“).
1. Technologiefrühaufklärung
Technologiefrühaufklärung soll v.a. für das Unternehmen relevante, zukünftig bedeutende Technologien erfassen und beurteilen. Es werden die Entwicklung der Leistungsfähigkeit, die Verfügbarkeit, die Akzeptanz sowie die positiven und negativen Folgewirkungen der Technologien eingeschätzt. Als Informationsquellen dienen u.a. öffentlich zugängliche schriftliche Dokumentationen, wie Patentschriften, Experten von Forschungseinrichtungen sowie Partner innerhalb der Wertschöpfungskette, wie Lieferanten und Kunden. Als unterstützende Methoden kommen Trendextrapolation, Delphi-Studien, Technologielebenszykluskonzepte, Szenario-Technik und Technologie-Roadmapping zum Einsatz.
2. Entwicklung von Technologiestrategien
Ausgehend von der technologischen Situation des Unternehmens und den identifizierten technologischen Entwicklungen können unter Einsatz von Portfoliotechnik, Roadmapping und Investitionsrechnungen mehrdimensionale Technologiestrategien entwickelt werden.
Technologiearten und Technologieleistungsfähigkeit: Aus der Wettbewerbsstrategie sowie der Technologiefrühaufklärung werden die künftigen Technologiefelder des Unternehmens bestimmt und der angestrebte Grad der technologischen Leistungsfähigkeit festgelegt. Dabei wird in technologische Führerschaft und technologische Präsenz unterschieden. Die Strategie der technologischen Führerschaft ist bei hoher strategischer Bedeutung der Technologie und vorhandener unternehmensinterner Kompetenz empfehlenswert.
Beschaffungsquellen von Technologien: Hinsichtlich der Bezugsquellen von Technologien kann grundsätzlich zwischen unternehmensinterner Forschung und Entwicklung und unternehmensexterner Beschaffung von Technologien unterschieden werden. Eine unternehmensexterne Technologiebeschaffung, wie Auftragsforschung, Technologiekauf oder Lizenznahme ist bei begrenzter eigener F&E-Kapazität oder unzureichender Kompetenz sinnvoll.
Verwertung von Technologien: Bei der Technologieverwertung ist eine bezüglich Anwendungsbreite und -dauer optimale Nutzung der Technologie anzustreben. Die wirtschaftliche Verwertung der Technologie kann durch das Einfließen in Produkte und Prozesse des Unternehmens oder durch die Weitergabe der Technologie an andere Unternehmen erfolgen. Die Formen der externen Technologieverwertung sind denen der externen Technologiebeschaffung spiegelbildlich analog.
Zeitliche Aspekte: Die zeitlichen Aspekte der Technologiestrategie beziehen sich sowohl auf die Entwicklung neuer Technologien, die Inventionen, als auch auf die marktliche Verwertung der neuen Technologien, die Innovationen. Eine Führerrolle bietet dem Unternehmen die Option, Vorteile eines Pioniers, wie eine zeitlich begrenzte Monopolstellung, das Etablieren von Standards, die rasche Realisierung von Erfahrungskurveneffekten, zu nutzen. Durch den Einsatz eines qualitativ hochwertigen Projektmanagements und die Parallelisierung von Teilprozessen kann die Technologieentwicklungszeit auf das dafür erforderliche Maß verkürzt werden. Eine Folgerrolle ist sinnvoll, wenn es gelingt, am aufgebauten Know-how des Führers zu partizipieren ohne vergleichbar hohe Kosten und Risiken zu tragen.
3. Umsetzung der Technologiestrategien
Werden durch die Entwicklung von Technologiestrategien Handlungskorridore vorgegeben, so müssen zur Strategieumsetzung konkrete Maßnahmen zur Realisierung der technologischen Ziele erarbeitet werden. Vor allen sind die Aktivitäten zur Beschaffung und Verwertung von Technologien zu steuern. Da ein großer Anteil der Maßnahmen nicht den Charakter von Routinetätigkeiten aufweist, wird vom operativen Technologiemanagement erwartet, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und optimale Wege innerhalb der Handlungskorridore ohne gesonderte Planungsvorgaben zu identifizieren.
4. Technologie-Controlling
Die Aufgabe des Technologie-Controlling ist es, das Technologiemanagement rechtzeitig mit Informationen über Fehlentwicklungen zu versorgen sowie Anpassungen im Planungsprozess vorzunehmen. Dazu müssen Planungs- und Kontrollinstrumente entwickelt und implementiert werden, die neue Entwicklungen im Unternehmensumfeld erkennen, die Umsetzung der Technologiestrategien überwachen sowie die Entstehung und Nutzung von technologischem Wissen im Unternehmen fördern. Geeignete Verfahren sind Projektdeckungsrechnung, Plan-Ist-Vergleiche und Profitabilitätsrechnungen.
III. Organisation des Technologiemanagements
Die Organisation des Technologiemanagements beinhaltet die Gestaltung von Unternehmensstruktur, -prozessen und -kultur zur Realisierung von Rahmenbedingungen, die ein effektives und effizientes Technologiemanagement unterstützen. Neben der Primärorganisation, die dauerhaft anfallende Aufgaben wahrnimmt, existieren zeitlich oftmals befristete sekundärorganisationale Struktureinheiten zur hierarchie-, funktions- und projektübergreifenden Abstimmung. Zunehmend gewinnen unternehmensübergreifende Organisationsformen des Technologiemanagements an Bedeutung. So schließen sich Unternehmen beispielsweise in Technologienetzwerken zusammen, um gemeinsam Technologieentwicklungen voranzutreiben.
Literatur: Gerpott, T. J., Strategisches Technologie- und Innovationsmanagement. Eine konzentrierte Einführung, Stuttgart 1999; Peiffer, S., Technologie-Frühaufklärung, Hamburg 1992; Perillieux, R., Technologietiming, in: Zahn, E. (Hrsg.), Handbuch Technologiemanagement, Stuttgart 1995, S. 267–284; Specht, D./ Mieke, C., Nutzung unternehmensexterner Technologiequellen, in: WISU – Das Wirtschaftsstudium, 6 (2003), S. 758–760; Specht, G., Institutionalisierung eines Technologiemanagements, in: Zahn, E. (Hrsg.), Handbuch Technologiemanagement, Stuttgart 1995, S. 491–519; Tschirky, H., Konzept und Aufbau des integrierten Technologie-Managements, in: Tschirky, H./ Koruna, S. (Hrsg.), Technologie-Management. Idee und Praxis, Zürich 1998, S. 193–394; Wolfrum, B., Strategisches Technologiemanagement, 2. Aufl., Wiesbaden 1994; Zahn, E., Gegenstand und Zweck des Technologiemanagements, in: Zahn, E. (Hrsg.), Handbuch Technologiemanagement, Stuttgart 1995, S. 3–32. Literatursuche zu "Technologiemanagement" auf www.gabler.de

Lexikon der Economics. 2013.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Technologiemanagement — umfasst die Planung, Durchführung und Kontrolle der Entwicklung und Anwendung von (neuen) Technologien zur Schaffung erfolgswirksamer Wettbewerbsvorteile.[1] Inhaltsverzeichnis 1 Begriffe 1.1 Technologiemanagement – Innovationsmanagement – FuE… …   Deutsch Wikipedia

  • Technologiemanagement —   [ mænɪdʒmənt], Teilgebiet des Managements, das auf die Koordination der technologischen, finanziellen, personellen und organisatorischen Potenziale von Unternehmen ausgerichtet ist. Die Gestaltungsaktivitäten des Technologiemanagement… …   Universal-Lexikon

  • Technologie-Management — Technologiemanagement umfasst die Planung, Durchführung und Kontrolle der Entwicklung und Anwendung von (neuen) Technologien zur Schaffung erfolgswirksamer Wettbewerbsvorteile.[1] Inhaltsverzeichnis 1 Begriffe 1.1 Technologiemanagement –… …   Deutsch Wikipedia

  • Fraunhofer IAO — Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation Kategorie: Forschungseinrichtung Träger: Fraunhofer Gesellschaft Rechtsform des Trägers: Eingetragener Verein Sitz des Trägers: München Standort der Einrichtung: Stuttgart Art der… …   Deutsch Wikipedia

  • Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation — Kategorie: Forschungseinrichtung Träger: Fraunhofer Gesellschaft Rechtsform des Trägers: Eingetragener Verein Sitz des Trägers: München Standort der Einrichtung …   Deutsch Wikipedia

  • Hochschule Amberg-Weiden — Vorlage:Infobox Hochschule/Professoren fehlt HAW: Hochschule Amberg Weiden Motto Fördern, führen, inspirieren …   Deutsch Wikipedia

  • Dieter Spath — (* 23. April 1952 in Lichtenau (Mittelfranken)) ist ein deutscher Arbeitswissenschaftler. Er ist Leiter des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation sowie des Instituts für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement der… …   Deutsch Wikipedia

  • FH Joanneum — Vorlage:Infobox Hochschule/Professoren fehlt FH Joanneum Gründung 1995 Trägerschaft privat Ort …   Deutsch Wikipedia

  • Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung — Kategorie: Forschungseinrichtung Träger: Fraunhofer Gesellschaft Rechtsform des Trägers: Eingetragener Verein Sitz des Trägers: München Standort der Einrichtung …   Deutsch Wikipedia

  • Technologie-Portfolio — Die Technologie Portfolio Analyse (TPF Analyse) ist ein Instrument für das strategische Technologiemanagement. Ihr Einsatz dient der systematischen Bewertung von (neuen) Technologien und liefert die Basis strategischer Investitionsentscheidungen… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”